Union plant Abschaffung des Informationsfreiheitsgesetzes
Netzwerk Recherche: Transparenz weiterentwickeln, nicht beschneiden
Die Union plant im Zuge der Koalitionsverhandlungen, das Informationsfreiheitsgesetz abzuschaffen. Das geht aus einem Papier der Arbeitsgruppe zu „moderner Justiz“ hervor, das FragDenStaat heute veröffentlicht hat. Darin heißt es wörtlich im Kapitel „Stärkung der repräsentativen Demokratie“: „Wir wollen den Bundestag zu einem moderneren Gesetzgebungsorgan weiterentwickeln. Der Bundestag muss die Regierung und die Verwaltung effektiv kontrollieren können. [Das Informationsfreiheitsgesetz in der bisherigen Form wollen wir hingegen abschaffen.]“
Die eckige Klammer weist darauf hin, dass dieser von der Union eingebrachte Punkt noch nicht mit der SPD abgestimmt ist. Verhandlungsführer auf Unionsseite ist der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor, der persönliche Erfahrungen mit der Bedeutung des IFG gemacht hat. Er hat 2018 das Briefpapier des Bundestages genutzt, um beim Wirtschaftsministerium Werbung für eine Firma zu machen, von der ihm in der Folge Aktienoptionen eingeräumt wurden, bei der er einen Direktorenposten erhielt und teure Reisen bezahlt bekam. Die entsprechenden Dokumente mussten damals auf der Grundlage des Gesetzes freigegeben werden, dessen Abschaffung nun angestrebt wird.
„Wer die Abschaffung des Informationsfreiheitsgesetzes fordert, ohne eine andere Transparenzregel an seine Stelle treten zu lassen, fürchtet sich offensichtlich vor mehr Offenheit und Bürgernähe. In Zeiten, in denen immer mehr Menschen den staatlichen Institutionen misstrauen, ist es ein gefährlicher Irrweg, demokratische Rechte beschneiden zu wollen und den Weg der Abschottung zu gehen“, kommentiert Manfred Redelfs, bei Netzwerk Recherche zuständig für das Thema Auskunftsrecht und Informationsfreiheit.
Das Informationsfreiheitsgesetz will mehr Licht in Verwaltungsvorgänge bringen, indem Journalistinnen und Journalisten, aber auch alle Bürgerinnen und Bürger vor nunmehr 20 Jahren das Recht erhalten haben, Einsicht in Behördenunterlagen zu nehmen oder Kopien anzufordern. Es steht für ein modernes Staats- und Demokratieverständnis. Für den Journalismus werden so vertiefte Recherche aufgrund des Zugangs zu Originalakten möglich. Die Union möchte offensichtlich in die Zeit des „Amtsgeheimnisses“ zurückkehren. Gefragt ist stattdessen eine Weiterentwicklung, z.B. mit automatischen Veröffentlichungspflichten, wie Netzwerk Recherche und andere Verbände seit langem fordern und wozu bereits ein eigener, moderner Gesetzentwurf aus der Zivilgesellschaft vorliegt.
Netzwerk Recherche fordert Union und SPD auf, die Transparenz in Politik und Verwaltung mit einem weitreichenden und bürgerfreundlichen Gesetz zu stärken. Statt der ersatzlosen Abschaffung des IFG sollte der Koalitionsvertrag daher seine entschiedene Weiterentwicklung enthalten.