Wir protestieren: Ukrainischer Botschafter attackiert Berliner Zeitung

Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev hat Redakteure der Berliner Zeitung an den Pranger gestellt. Welche Rolle spielt der Tagesspiegel bei der seltsamen Aktion?

Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev
Der ukrainische Botschafter Oleksii MakeievPaulus Ponizak/Berliner Zeitung

In einigen Posts auf X hat der Botschafter der Ukraine, Oleksii Makeiev, Redakteure der Berliner Zeitung persönlich angegriffen und ihnen ihre früheren beruflichen Stationen vorgeworfen. Er fragte unter anderem, ob die Berliner Zeitung nun auf dem Weg sei, „Radio Moskau“ zu werden und bastelte ein digitales Logo mit dem Titel „Berliner Volksrepublik Zeitung“.

Chefredaktion und Herausgeber stellten zu dem Posting fest: „Wir verwahren uns entschieden gegen die persönliche Diffamierung von einzelnen Redakteuren und Autoren der Berliner Zeitung durch den ukrainischen Botschafter Oleksii Makeiev. Wir sehen die völlig unbegründeten Attacken gegen namentlich genannte Redakteure und Autoren als versuchte Einschüchterung und mithin als Eingriff in die Pressefreiheit. Wir sind verwundert über die Ausfälle, weil es bis zu diesem Post auf X keine einzige direkte Beschwerde des Botschafters an die Redaktion der Berliner Zeitung gegeben hat. Wir erwarten, dass der ukrainische Botschafter die Pressefreiheit in einer europäischen Demokratie respektiert.“

Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev im Interview mit dem Herausgeber der Berliner Zeitung.
Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev im Interview mit dem Herausgeber der Berliner Zeitung.Paulus Ponizak/Berliner Zeitung

Die Attacke Makeievs ist ungewöhnlich, weil die Berliner Zeitung seit langem ein sehr gutes, professionelles Verhältnis zu der ukrainischen Botschaft unterhält. Die Zeitung interviewte Makeievs Vorgänger Andrij Melnyk mehrfach, berichtete immer wieder über Veranstaltungen der Botschaft und führte auch ein ausführliches Interview mit Oleksii Makeiev.

Die Botschaft hat sich nie über die Berichterstattung beschwert, im Gegenteil: Aus Anlass ihrer Rückkehr nach Kiew bedankte sich eine ranghohe Mitarbeiterin aus der Pressestelle der Botschaft „für die wunderbare Zusammenarbeit“ und schrieb über die Arbeit der Berliner Zeitung: „Dank Ihren ausführlichen Analysen versteht man in Deutschland besser, worum es bei diesem russischen Krieg gegen die friedliche Ukraine geht. Und dank Ihren Berichterstattungen weiß man jetzt auch, dass Russland den blutigen Krieg gegen die UkrainerInnen schon längst vor dem 24. Februar 2022 entfachtet hat.“

Der damalige Botschafter Andrij Melnyk im Jahr 2021, während eines Interviews mit der Berliner Zeitung
Der damalige Botschafter Andrij Melnyk im Jahr 2021, während eines Interviews mit der Berliner ZeitungPaulus Ponizak/Berliner Zeitung

Zudem verwundert, dass Makeiev in seinem Post den Tagesspiegel als Zeugen für seine Vorwürfe gegenüber der Berliner Zeitung heranzog. Der Tagesspiegel ist direkter Mitbewerber der Berliner Zeitung im Berliner Zeitungsmarkt. Bis vor kurzem wurde der Wettbewerb zwischen den Zeitungen in Berlin hart, aber fair geführt. Seit einiger Zeit unterstellt der Tagesspiegel der Berliner Zeitung, wie ein russisches U-Boot zu agieren. Die Berliner Zeitung hat auf derartige Untergriffe verzichtet. Im erfolgreichen Relaunch der neuen Wochenendausgabe der Berliner Zeitung vom 30. März erschien allerdings ein Text zur wirtschaftlichen Schwäche des Tagesspiegels. Ist das der Hintergrund für die Attacke?

Hier lesen Sie die Relaunchausgabe der Berliner Zeitung am Wochenende

Makeiev schreibt in seinem Posting: „Meine Empfehlung für den Umgang mit der Berliner Volksrepublik Zeitung: Einfach nicht lesen. Es gibt doch bessere/freie Medien in Berlin!“ Chefredaktion und Herausgeber haben Botschafter Makeiev eine Einladung zu einem Gespräch über die Zeitungsstadt Berlin gesandt und schrieben ihm: „Sie haben völlig recht: Eine ,Berliner Volksrepublik Zeitung‘ gibt es nicht, es gibt bessere, freie Medien in Berlin – wie eben die Berliner Zeitung.“

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